Wie schütze ich Kinder in der Gruppe effektiv vor aggressiv/übergriffigen Kindern? Wie stärke ich sie? Nochmal Tipps bitte

Ich hatte hier ja bereits geschrieben. Ich mache die Ausbildung zur Erzieherin und in meiner derzeitigen Ausbildungsstelle gibt es 3 sehr auffällige Jungs, die einerseits störendes Verhalten zeigen, andererseits auch aggressives und übergriffiges Verhalten.
Beispielsweise ist Junge Nummer 1 speziell Mädchen gegenüber sehr respektlos, versucht , sie rumzuscheuchen, nennt sie im Streit auch "Schlampe, Hure, Bitch". Auch ist er körperlich aggressiv, schlägt aber eher andere Jungs. Der zweite Junge ist insgesamt einfach schnell am Schlagen und der dritte Junge ist sehr verhaltensaufällig, beißt z. B. in mitgebrachte Puppen und Kuscheltiere anderer Kinder (also richtig Stücke raus) oder macht sich absichtlich die Hände total matschig und fasst damit dann andere Kinder ins Gesicht oder versucht sie festzuhalten und anzumalen.
Ich mache mir nun viel Sorgen um die anderen Kinder der Gruppe. Ich möchte sie gerne schützen und stärken, finde aber in der Fachliteratur darüber sehr wenig. Eigentlich ist alles, was es zu dem Thema gibt, fokussiert auf die Kinder, die übergriffiges und aggressives Verhalten zeigen, nicht auf die Kinder, die es erleben.

Kann mir jemand vielleicht Tipps geben, einerseits, wie ich den anderen Kindern helfen kann (leider habe ich sehr wenig Zeit, da ich so viel an den 3 Jungs dran sein muss), andererseits zu Fachlektüre, die die Perspektive der Kinder, die Gewalt und übrgriffiges Verhalten durch andere Kinder erleben, in den Blick nimmt?

Bearbeitet von BaldErzieherin
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Hallo FS,

wenn ich meine ehrliche Meinung sage: Diese Kinder gehören ganz einfach gar nicht in einen Kindergarten, KITA. Für diese neue Art von "Eltern" braucht es neue Konzepte, neue Einrichtungen. In einen Kindergarten wo sich Kinder befinden, die wirklich schonmal erzogen wurden und in einem Umfeld aufwachsen in dem man klar erkennen kann, wer Kind und wer Erwachsener ist, haben "solche" Kinder nichts verloren.

Ich gebe mal eine Metapher: Selbst der beste Koch kann aus einem Grünen Knollenblätterpilz kein bekömmliches Gericht bereiten. Egal welche Taktiken er versucht und wie viele Gewürze er hinzugibt. Er kann sich ganz in den Pilz einfühlen und alles über ihn lernen, aber seine Grundsätzliche Eigenschaft der Giftigkeit kann er nicht ändern. Du bist machtlos.

Jetzt sind Kinder keine Pilze, korrekt. Benötigen sie Erziehung und Betreuung? Selbstverständlich. Sollten andere Kinder (und Erzieher) aber herhalten müssen um sich an diesen Kindern abzuarbeiten? Ganz bestimmt nicht.

Wer sollte sich darüber Gedanken machen? Die Eltern (10000 km lang kommt erstmal nichts) und dann die Politik und dann - irgendwann - ihr Pädagogen. Nicht andersrum.

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Ich muss zugeben, dass ich die Inklusionssache mittlerweile auch sehr skeptisch sehe. Zumindest in der Form "einfach in die Gruppe/Klasse dazu, aber mehr Erziehungspersonal gibt es nicht".
Aber es hilft ja nichts, leider ist die Situation nun derzeit so und ich muss gucken, wie ich damit umgehen kann. Darum auch meine Bitte um entsprechende Fachliteratur.

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Das einzige, was mir einfällt, sind zwei Sachen.
Ihr habt doch bestimmt so was wie Supervision. Da könnt ihr euch im Team beraten, du als Auszubildende bekommst Hilfe und ihr legt gemeinsam ein Vorgehen fest.
Dann, es gibt auf Insta z.b. die Möglichkeit auf kinderverstehen innerhalb der sogenannten Dienstagssprechstunde an den Kinderarzt und Erziehungsspezialist Herbert Renz-Polster Fragen zu stellen.
Klingt seht herausfordernd.
Gut finde ich schon, dass du die Situation so anschaust, wie du andere stärken kannst. Ich gehe davon aus, dass du die 3 nicht gravierend ändern kannst. Alles Gute dir von Herzen.

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Bei uns hätten die Erzieherinnen schon längst die Eltern ins Boot geholt. Damn über eine IF Hilfe nachgedacht und gegebenenfalls das auffällige Kind auch mal von der gruppe genommen

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Elterngespräche wurden bei 2 der Jungs schon geführt, aber mit wenig Effekt. Eine Vertragskündigung wurde schon manchmal diskutiert, aber nie umgesetzt.
Supervision gibt es leider keine.

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Eigentlich ist das die Frage, die du erfahrenen Kollegen stellen kannst.

Die kennen die Kids, die müssen auch Handlungswege haben.
Außerdem kannst du schlecht für 3 Kids die so auffällig sind alleine zuständig sein...

Warum haben die Kids keine Integrationsbegleiterin?
Warum sind alle in einer Gruppe?
Normal trennt man solche Kids und verteilt sie auf Gruppen, wenn es irgendwie geht
Warum haben die Kids keinen I Platz/ sind in einem heilpädagogischen Kiga?

Nutz die Vorbereitungszeit um die Fragen zu klären.

Die "Opfer" kannst du nur stärken, indem die ganz klar und laut " Nein" rufen sollen, sobald sie eins der " Täter" ärgert.
Damit ihr sofort eingreifen könnt
Außerdem die übliche Körperstellung dazu einüben...

Und die " Opfer" sollten sofort aus der Situation gehen ..

Ist das Verhalten, was man sonst ja auch den Kids beibringt in jedem Selbstbehauptungskurs.

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"Aus der Situation gehen" kann aber auch als Flucht betrachtet werden, als Erfolg gewertet werden von den "Tätern". Man ist stark, man hat etwas bewirkt, der andere hat Angst und zieht sich zurück. Das könnte auch das Verhalten befeuern, so nach dem Motto, "wenn ich ihm nachgehe und weitermache, fühle ich mich noch stärker und merke, dass er keine Chance hat, mir zu entkommen".
Vorausgesetzt, das ist kein extrem ungeschickter Annäherungsversuch.

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Ich bin nicht die TE, aber auch Erzieherin. Das Problem ist: es gibt immer mehr solcher Kinder. Wir haben letztes Jahr ein solches Kind eben die Gruppe wechseln lassen, weils in Kombination mit den Kindern in unserer Gruppe gar nicht mehr ging. Ähnliche Zustände wie bei der TE. Nunja im September kam das nächste auffällige Kind nach - jetzt sind’s wieder drei, die nicht zu bändigen sind. Und in der anderen Gruppe sind halt dann zwei statt einem gewesen. Die andere Gruppe kriegt dieses Jahr 10 neue Kinder - mal schauen, wie viele davon die Gruppe sprengen.
Für Individualbegleiter braucht man die Zustimmung und Mitwirkung der Eltern - gibt es bei uns nicht. Man könnte ihnen drohen, den Platz zu kündigen. Dann gehen sie zum Träger, zur Zeitung, zum Jugendamt.

Das Problem ist eben, dass es selten nur diese 3 Kinder aufs ganze Haus verteilt sind. Und es wird immer schlimmer.

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Komplett Laienmeinung hier:

Gibt es für die Altersgruppe so etwas wie Selbstbehauptung? Also, keine Kurse, sondern Ideen? Könnte man das mit der gesamten Gruppe - eventuell in kleineren Gruppen, also mit jeweils 4 bis 6 Kindern oder so nach und nach - üben?

Sich Anregungen holen von der Selbstbehauptung für Jugendliche und Erwachsene und die Techniken ggf. vereinfachen und wirklich bis zum Erbrechen üben, immer wieder, bis sie verinnerlicht sind? Z.B. kenne ich das Handflächen nach außen drehen, Arme nach vorne Strecken und laut "Stopp!" rufen, um jemanden fernzuhalten. Das wäre eventuell bei dem Matschen im Gesicht sinnvoll.
Parallel könnte man mit den Kindern auch besprechen und üben, dass man anderen helfen kann. Darüber gibt es doch sicher Kinderbücher. Einer (Geschwisterkind, Freund) ist in Bedrängnis und die anderen (Geschwisterkinder oder Freunde oder andere Kinder aus der Straße etc.) helfen ihm. Zusammen sind wir stark.
Heißt: Wird einer ins Gesicht gematscht, kommen vier andere an und sagen sofort "lass ihn in Ruhe, das darfst du nicht, matsche im Sandkasten!" Vielleicht könnte man da Rollenspiele machen, ohne bewusst DIESE Handlung zu thematisieren, also, ohne diesen Jungen auf den Präsentierteller zu setzen. Vielleicht könnte man üben, dass man niemandem im Gesicht anfassen darf außer in speziellen Situationen (Schminken/ Fasching Verletzung). So in Richtung "mein Körper gehört mir".

Grundsätzlich würde ich mal Übungen suchen zum Thema "Hilfe, ich bin in Bedrängnis" (werde geschlagen, schickaniert, ins Gesicht gepatscht) und Verhalten der Freunde/ Umstehenden dabei. Hilfe holen von Erziehern - ja, das auch üben - aber auch: Andere Kinder stellen sich um einen, andere Kinder treten für einen ein, mehrere sagen oder tun das gleiche ("lass ihn in Ruhe! Gehe weg!" Stellen sich davor etc.).

Dafür würde ich Literatur suchen, Spiele suchen und kleine Rollenspiele suchen oder schreiben, die dann immer wieder geübt werden. Fokus sollte dabei evtl. nicht auf "Probleme in unserem Kindergarten" liegen, sondern auf "Bewältigen schwieriger Alltagssituationen, die mal auftreten könnten".

Wie rufe ich Hilfe?
Wie wehre ich unerwünschte Annäherungen ab?
Wie hole ich Hilfe?
Wie schreite ich - in der Gruppe - ein? Also: Nicht einer gegen einen, sondern vier gegen einen, so dass der Einschreitende auch eine Chance hat.
Was ist gutes Verhalten, was ist unerwünschtes Verhalten? Mit wem spielt man gern, mit wem (bei welchem Verhalten - nicht Name!) nicht? Warum ist das so?
Vielleicht auch mal spielerisch üben: Wie fühlt es sich an, wenn mir jemand ins Gesicht packt? Vielleicht kann man das mit etwas anderem als Matsch üben? Wann fühlt es sich gut an (streicheln), wann ist es übergriffig?Wie wehre ich es ab? Darf ich auch Streicheln etc. abwehren? Ja! Thema: Mein Körper gehört mir!

Möglicherweise auch: Wie finde ich Freunde, wie nehme ich angemessen Kontakt auf? Vielleicht gibt es auch dazu Spiele oder Übungen?

Bearbeitet von Toschkalee
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Ich bin Selbstbehauptungs-und Resilienztrainerin für Vor-und Grundschulkinder und gebe Kurse in Kitas und Grundschulen mit genau den Inhalten, die du hast anklingen lassen. Und ja, die Kurse sind sehr sehr wirkungsvoll. Und wir sind mittlerweile auch ein ganzes Trainernetzwerk über ganz Deutschland verteilt, so dass im Prinzip jede Einrichtung, die es möchte, ein Training buchen könnte.
Problem: wie immer das Geld. Für sowas ist einfach viel zu wenig Budget da, und ich erlebe es oft, dass Kitas und Schulen mich gerne hätten, es aber nicht finanziert kriegen. Kinder haben einfach viel zu wenig Lobby.

Liebe TE: google mal, ob es in eurer Nähe einen Trainer gibt, der nach dem Konzept von Stark auch ohne Muckis arbeitet. Das könnte euch wikrlich einen guten Schritt nach vorne bringen.

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Habt ihr eine Fachberatung?

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Es könnte eine ISEF (insofern erfahrene Fachkraft) über das Jugendamt hinzugezogen werden, um das Ganze mal anzuschauen. Aber leider schreckt der Träger davor zurück.

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Google mal „Stark auch ohne Mukis“.
Da gibt es diverse Videos auf YouTube, aber auch Bücher die man kaufen kann.
Da geht es genau um diese Themen, Kinder zu stärken und resilienter zu machen.

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Cool, hab ich weiter oben auch gerade vorgeschlagen. Ich bin selbst ausgebildete Trainerin von Daniel Dudek und arbeite nach dem Stark-auch-ohne-Muckis-Prinzip. Und ich hab mich nicht umsonst für genau diese Ausbildung entschieden. Es gibt viele verschiedene Anbieter auf dem Markt, aber Stark auch ohne Muckis ist für mich das beste und effektivste.

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