Zu enge Bindung zur Mutter? Kann keine Grenzen setzen

Bis vor ein paar Tagen dachte ich, meine Beziehung zu meiner Mutter ist gut und vertraut, aber auch nicht zu eng. Sie ist mir wichtig. Ich bin ein Mensch, der es (leider) immer allen recht machen will und das ist irgendwie ein langer Prozess, da an mir zu arbeiten.

Ich war lange Single und habe immer recht viel mit meinen Eltern gemacht. Sie sind schon lange geschieden. Dann kam Corona und Kurzarbeit, Freunde haben sich mit ihren Partnern eingeigelt und ich war natürlich auch froh, dass ich zu meinen Eltern konnte. Man muss dazu sagen, dass ich Anfang 30 bin. Meine Eltern freuen sich, dass ich einen netten Partner gefunden habe, aber vor allem meine Mutter scheint wohl auch enttäuscht zu sein, dass wir nicht mehr Spaß viel zusammen machen. Bis zu einem gewissen Punkt verstehe ich es, aber natürlich habe ich durch wieder Vollzeit arbeiten, meine Beziehung und dass auch Freunde wieder was machen weniger Zeit. Und ich muss auch sagen, dass mein Freund jemand ist, der zum Klammern neigt. Das diskutiere ich mit ihm immer wieder.

Ich treffe mich normalerweise einmal unter der Woche mit meiner Mutter. Mit meinem Vater eher spontan. Jetzt über den Sommer haben wir auch mal zusammen gegrillt oder wir sind zur gleichen Zeit ins Freibad.

Die „Schwiegereltern“ waren am Anfang sehr aufdringlich und als ich darüber mal mit ihr geredet habe hatte sie volles Verständnis, dass ich nicht ständig die Schwiegereltern am Wochenende dabei haben möchte oder bei ihnen vorbei zu schauen.

Jetzt ist es auch so, dass mein Bruder vor einem halben Jahr wieder her gezogen ist und aktuell bei meiner Mutter wohnt. Seine Freundin kommt erst noch nach und er ist manchmal einsam. Er wohnt aktuell bei meiner Mutter. Er unternimmt auch viel an Wochenenden oder ist auf Trips was er natürlich plant wie es ihm passt. Wenn er da ist oder unter der Woche abends nimmt sich meine Mutter immer Zeit, was mit ihm zu machen, ihren Partner sieht sie im Alltag kaum noch. Ist aber ja ihre Sache. Und beim grillen, Freibad waren mein Freund und ich ja auch dabei.

Jetzt am Wochenende waren mein Bruder und sie Fahrrad fahren und mein Freund und ich auch. Sie haben gefragt ob wir zusammen gehen wollen, sie wären einfach „mitgefahren“. Mir wäre es letztendlich egal gewesen, mein Freund wollte einfach mal wieder zu zweit fahren und ich hab ihnen abgesagt. Irgendwie waren sie enttäuscht und ich hab dann gesagt dass das nicht böse gemeint war aber wir einfach mal wieder zu zweit fahren wollten. Außerdem kann ich meinem Freund ja schlecht sagen, auf seine Familie im Schlepptau habe ich keine Lust, meine kann aber gerne mit. Er mag an sich meine Familie, war aber auch irgendwie schon genervt. Was ich auch ein bisschen verstehen kann.

Blöde Situation, ich kann mich nicht abgrenzen, sie merken einerseits auch dass ich mich sehr an meinen Freund anpassen aber es ist doch auch normal, dass ich weniger Zeit habe als zu Single Zeiten. Und manchmal weiß ich überhaupt nicht mehr, was ICH eigentlich möchte. Wie viel Anpassung ist normal in einer Beziehung? Sie sind es gewohnt, dass sie als meine Familie immer die wichtigsten Menschen waren aber jetzt gibt es da aber auch noch meinen Partner. Klar möchte ich sie auch nicht ausschließen, und vielleicht kommt es manchmal so rüber als wenn ich keine Zeit mehr habe, aber Corona, Kurzarbeit und Single war natürlich auch eine zeitliche Ausnahme.

Manchmal komme ich mir vor wie wenn jeder an mir zieht und gerne Zeit mit mir verbringt, was ja auch schön ist, aber es hat doch niemand Anspruch auf mich. Habe ich mich jemals abgenabelt?

Natürlich liegt das zu einem großen Teil an mir, weil ich es immer jedem recht machen will. Das macht mich manchmal selbst fertig.

Was tun?

Bearbeitet von Simmi32
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Hallo liebe Simmi32,

du hast es ja schon gut erkannt. Du musst an dir arbeiten und für dich einstehen.

Du musst es nicht immer anderen recht machen und darfst es auch ruhig mal in Kauf nehmen, dass andere enttäuscht sind wenn sie selber "ihre erwartungen" haben.

Die Anspruchshaltung von deiner Mutter finde ich nicht okay, sie setzt dich damit emotional sehr unter Druck und macht dir ein schlechtes Gewissen.

Du triffst dich mindestens 1x die Woche mit ihr, obwohl du einen eigenen Haushalt, Vollzeitjob und eine Beziehung hast, das finde ich ausreichend und dafür sollte sie Verständnis haben.

Sie muss ihr eigenes Leben organisieren, sich Freunde, ein Hobby oder einen Verein suchen. DU bist nicht ihr Bespaßer.
Rede nochmal ganz in Ruhe mit ihr. Hol dir auch deinen Bruder mit ins Boot, denn ich höre heraus, dass auch er, auch wenn er seine Freizeitaktivitäten ohne" Rücksicht" auf sie plant ziemlich eingespannt wird. Das finde ich bei erwachsenen Kindern schräg.

Du brauchst wirklich kein schlechtes Gewissen haben auch wenn sie es dir mit ihrer Enttäuschung suggeriert.

Was deinen Freund betrifft kann ich dir nur raten, dich gegen das Klammern von Anfang an durchzusetzen, später wird es schwer zurück zurudern.
Es tut dir ja auch nicht gut, weil du schreibst, du fühlst dich, als ob jeder an dir zerrt. Schiebe da einen Riegel vor.

Natürlich muss man in einer Partnerschaft Absprachen treffen und fair bleiben. Wenn dir aber danach ist, deine Familie zu sehen und er keine Lust hat, besuche sie alleine. Umgekehrt natürlich genauso. Will er seine Eltern sehen und du hast keine Lust, geht er alleine. Da braucht doch niemand beleidigt sein.

Von meinem Partner würde ich mir das nie vorschreiben lassen.

Zu so Situationen wie mit dem Fahrradfahren. Deine Mutter war enttäuscht weil sie wahrscheinlich dich gefragt hat und du DANN erst mit deinem Partner gesprochen hast.

In dem Fall kann ich deinen Partner verstehen, da er sich auf einen Ausflug mit dir allein gefreut hat.

Deiner Mutter dann später abzusagen ist natürlich auch doof. Lass dich im Vorfeld nicht festnageln oder erzähle nicht gleich alles. Besprich dich erst mit deinem Partner, ob ihr alle gemeinsam was unternehmen wollt und kontaktiere dann erst deine Mutter.

Nimm es mir nicht übel, alles in allem klingt es bei euch schon sehr anstrengend von allen Seiten aus. Hier ist es ganz unkompliziert. Wer mit will, kommt mit, wer was anderes vor hat, ist auch gut und wenn die Familie zu Besuch kommen will und es passt, ist jeder willkommen und wenn nicht.... ist niemand eingeschnappt.

Abgenabelt hast du dich schon aber versuche es nicht immer allen recht zu machen. Höre auf dein Bauchgefühl und denke nicht immer zu viel nach, wer dann traurig, beleidigt oder enttäuscht ist.

Du musst unbedingt Grenzen setzten und zwar allen Beteiligten gegenüber. Du schaffst das. Viel Erfolg.

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Vielen vielen Dank für deine Antwort. Du hast recht mit dem was du schreibst.

Gegenüber allen muss ich mich da abgrenzen. Was mir schwer fällt und ich letztendlich auch mit denen, die mir am Wichtigsten sind, nicht darüber sprechen kann, weil sie zu dem Thema nicht objektiv sind.

Das Klammern von meinem Freund ist tatsächlich so ein Punkt, der nicht ohne ist und ich auch nicht richtig weiß wie ich das ändern kann oder mir das mit ihm gelingt oder auch nicht mehr. Da wiederum fehlt mir auch die Beziehungserfahrung, um das besser einschätzen zu können.

Zum Thema mit meinem Bruder und meiner Mutter ist es eher so, dass er natürlich seine Aktivitäten plant aber wenn er daheim ist, froh ist, dass meine Mutter, aber auch mein Vater, Zeit für ihn haben. Ich war zu Corona und Single Zeiten auch froh, dass sie für mich da waren und verstehe daher auch die Enttäuschung, dass ich nicht mehr so viel Zeit habe bzw. Aktivitäten dann eher mit meinem Freund plane.

Wenn mein Bruder da ist, ist er aktuell froh, dass meine Eltern für ihn da sind und er freut sich auch wenn ich Zeit habe. Aber auch für ihn natürlich weniger als früher. An sich haben meine Eltern ihre Partner und Hobbies. Vor allem meine Mutter stellt das gerade sehr zurück, damit sie für meinen Bruder Zeit hat. Was ich einerseits verstehe, andererseits ist er ja auch kein kleines Kind mehr.

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Hey!

Mein Gedanke geht in eine andere Richtung:
"Zu enge Bindung zur Mutter" vs "meine Beziehung zu meiner Mutter ist gut und vertraut, aber auch nicht zu eng".

Ich hätte eher gedacht, dass du eher eine schlechte Bindung zur Mutter hättest, wenn sie auf Absagen "enttäuscht" reagieren, du dich da ewig erklären musst (guck mal, wieviele Zeilen das hier einnimmt) und du meinst, dich nicht abgrenzen zu können.
Reagiert sie oft so emotional, dass du ein schlechtes Gewissen bekommst?

Liebe Grüße
Schoko